ASB-Jahrbuch 2020
Trotz der beklemmenden Situation im Zeltlager gab es immer wieder Lichtblicke. Etwa als der Berliner Chirurg und FAST-Freiwillige Felix Fellmer während der Fahrt ins Krankenhaus einer Frau bei der Geburt ihres Kindes assistierte: „Dass sich auch an so einem Ort das Leben seinen Weg bahnt, hat mich persönlich sehr berührt. Ich wünsche dem kleinen Jungen und seiner Mutter, dass sie das Lager bald verlassen und ein Leben in Sicherheit und Frieden führen können.“ Ein ungewöhnlicher Einsatz in kritischen Zeiten, der auch für großes Medieninteresse sorgte. Insgesamt vier Teams haben über acht Wochen hinweg im Flüchtlings- lager Kara Tepe geflüchtete Menschen medizinisch ver- sorgt. Am 22. Dezember kehrte auch das letzte wohlbe- halten nach Deutschland zurück. Herausfordernder Einsatz War es im September noch vergleichsweise warm, ver- schlechterte sich das Wetter im anrückenden Winter zu- sehends. Im Dezember regnete es tagelang in Strömen, Zelte überfluteten und das Wasser floss nicht ab. Lange Zeit gab es nicht genug Duschen, die Menschen mussten sich im kalten Meer waschen. Bei den beengten Verhält- nissen war es schwer, Abstand zu halten. In der Folge nahmen Krankheiten zu, Krätze und Atemwegserkran- kungen machten den Bewohner*innen zu schaffen. Zu all dem kam auch noch Corona: Viele Geflüchtete fürch- teten sich vor einer Ansteckung mit Covid-19, das breite Spektrum an Symptomen wie Husten, Schnupfen und Erkältung schürte die Unsicherheit, an dem Virus er- krankt zu sein. Patient*innen mit Verdacht auf Corona wurden in ei- ner Isolierstation untergebracht. Hier konnte das ASB- Team seine Erfahrung in der Bekämpfung ansteckender Krankheiten einbringen. FAST hat bereits 2018 begon- nen, Kapazitäten im Bereich Infektionsprävention und Kontrolle (IPC) aufzubauen. Diese Expertise nutzten die Samariter*innen auch beim Einsatz in Lesbos: „Das Co- ronavirus stellt uns in Kara Tepe vor ganz besondere He- rausforderungen. Unsere Freiwilligen bringen viel Know- how aus ihrem Arbeitsalltag und unseren IPC-Schulun- gen mit, wie sie sich und ihre Patienten vor Infektionen schützen können. Der Fokus unseres Teams auf die Durchkreuzung von Infektionswegen kommt uns hier sehr zugute“, berichtet Florian Hauke, FAST-Koordina- tor und Einsatzleiter auf Lesbos. Der ASB ist stolz, dass unsere ehrenamtlichen Helfer*innen mit viel Engagement und professionellem Einsatz den Menschen in dieser schwierigen Zeit helfen konnten.“ Edith Wallmeier, ASB-Geschäftsführerin Einsatzdienste und Bildung 8 ASB-Jahrbuch 2020 129
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