ASB Magazin

persönlich Betroffenen in Kontakt zu treten. Neulich habe ich eine Mutter gehört, die ihr Kind bei einem Verkehrsunfall verloren hat. Sie hat zugestimmt, dass ihr Kind seine Organe spendet. Das sei der richtige Schritt für sie gewe- sen, sagte sie. Sie habe heute das Bewusstsein, dass ihr Kind tot ist, aber dadurch andere Menschen weiterleben können. Auch dieser Betrachtungspunkt ist nicht un- wichtig. Sie halten es für richtig, dass auch die Angehörigen in letz- ter Instanz entscheiden können – heißt aber auch: noch Widerspruch einlegen können? Das ist ja das Gute an einer doppelten Widerspruchslösung. Sollten Zweifel bestehen, wie der mögliche Spender entschieden hat, muss man die Angehörigen fragen. Dem muss sich jeder bewusst sein, der nicht klar widerspricht. Sollte der Spender klar und deut- und B: das Bewusstsein der Men- schen verändern. Dass das Thema derzeit so intensiv diskutiert wird, ist für mich alleine schon ein Gewinn. Noch nie war das Thema Organspende so aktuell wie jetzt. Die Menschen sind gespannt und wollen eine Lösung finden. Kritiker sagen, dass die Widerspruchslösung ein Eingriff in das Selbstbe- stimmungsrecht sei und man es auch eine Organab- gabepflicht nennen könnte. Wie sehen Sie das? Aber man kann ja widersprechen. Da sehe ich das Problem nicht. Für mich wiegt aber der Fakt der Nächstenliebe höher. 10.000 kran- ke Menschen warten aktuell auf ein Organ. Wer einer Organspende zustimmt, handelt im Sinne der Nächstenliebe. Schließlich würde sonst ein Mensch sterben. Aber ich verstehe die Bedenken eines jeden Menschen, keine Frage. Des- halb halte ich es für wichtig, mit Herr Kaiser, warum halten Sie dieWiderspruchslösung für den geeigneten Ansatz, um die Zahl der Organspen- den zu erhöhen? Mit dem Gesetzentwurf zur dop- pelten Widerspruchslösung hat Bundesgesundheitsminister Spahn einen Königsweg gefunden. Wenn gegen die Organspende kein Wi- derspruch eingelegt wurde, ist es richtig, dass die Angehörigen ge- fragt werden, ob sie einer Organ- spende zustimmen würden. Dieser Ansatz macht auch den Abgeord- neten den Weg für eine Zustim- mung frei, die Angst haben, dass im Organspendeverfahren Unge- reimtheiten passieren können. Ich halte die doppelte Widerspruchs- lösung für eine gute Lösung. Ich würde es sehr begrüßen, wenn sie kommen würde. Können Sie die Menschen verstehen, die der Wider- spruchslösung gegenüber skeptisch sind? Aber natürlich kann ich sie ver- stehen. Deshalb versuchen wir ja alle, die in diesem Bereich tätig sind – das Bundesgesundheitsmi- nisterium, die Deutsche Stiftung Organtransplantation, der ASB oder auch ich –, mit Informatio- nen die Menschen zu einer Ent- scheidung zu bewegen. Ich bin si- cher, fast alle Menschen wären im Ernstfall bereit, ein Spenderorgan zu empfangen, aber nur ein Drittel hat sich für die Organspende aus- gesprochen. Dabei sind 80 Prozent der Menschen einer Organspende gegenüber positiv gestimmt. Diese Lücke gilt es zu schließen und mehr Träger von Spenderauswei- sen zu gewinnen. Es ist also eine Mischung aus A: eine doppelte Widerspruchslösung durchsetzen 15 4 / 2019 ASB Magazin

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