ASB Magazin
lich entschieden habe „Ich will das nicht“, muss auch kein Angehöri- ger mehr befragt werden. Deshalb werbe ich immer dafür: Entscheidet euch bitte. Egal wie, aber entscheidet euch und sagt es auch euren Verwandten, für den Fall, dass ihr plötzlich infrage kommt als Spender. Wir treffen ständig irgendwelche Entscheidun- gen, warum nicht auch diese? Mir ist klar, dass der Mensch sich gene- rell nicht gerne mit seinem eigenen Tod beschäftigt, aber das müssen wir. Wenn wir alle gerne ein Organ nehmen würden, um unser Leben zu retten, muss ich mir auch Ge- danken machen, was ist, wenn ich als Spender infrage kommen würde. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe, warum die Zahlen der Organspenden in Deutschland so niedrig sind? Das könnte mangelndes Interesse sein, vielleicht auch unzureichende Informationen. Auch die Abläufe in den Krankenhäusern könnten ein Grund sein. Die Ärzte, die mich operiert haben, erzählen, dass das Problem auch in den Krankenhäu- sern selbst liegt. Ganz oft werden mögliche Organspender nicht gemeldet. Aus Belastungs-, Wirt- schaftlichkeits- oder Verwaltungs- gründen zum Beispiel. Das hat der Bundesgesundheitsminister zum Glück mit dem Gesetz zur Verbes- serung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspen- de angegangen. Das ist ein wichti- ger Teil zur Lösung des Problems. Warum gibt es diese große Lücke zwischen denen, die einen Organspendeaus- weis haben, und denen, die der Organspende positiv gegenüber gestimmt sind, aber keinen Ausweis haben? Es geht nur über Information und neue, intensive gesellschaftliche Diskussion, wie sie jetzt von dem Gesetzentwurf ausgeht. Es ent- steht eine gewisse Dynamik in dem Thema, weil viele Menschen darüber reden. Ich vermute schon, dass wir allein aufgrund dessen eine höhere Spendenbereitschaft bekommen. Gerade auch, wenn gemeinnützige und glaubwür- dige Organisationen wie der ASB, deren Antriebsfeder „Leben retten“ ist, sich an der Diskussion und der Information beteiligen. Aus meiner Sicht ist aber auch die Lücke zu groß zwischen „Ja, ich würde ein Organ nehmen, das mein Leben rettet“ und „Ja, ich würde ein Organ geben, das ein Leben rettet“. Diese Lücke gilt es zu schließen. Warum gehen die Deutschen, die der Organspende positiv gegenüberstehen, den letzten Schritt nicht und füllen den Organspendeausweis nicht aus? Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen? In einer Gesellschaft mit wach- sendem Egoismus ist der Schritt, darüber nachzudenken, was pas- siert mit mir, wenn ich tot bin, für viele ein Schritt, der nicht gerne vollzogen wird. Man hört ja auch von den wenigsten Menschen mit Mitte 40, dass sie eine Patienten- verfügung haben. Die Bereitschaft, sich mit seinem eigenen Ende zu beschäftigen, wächst erst, je mehr du dich dem Ende näherst. Wenn du mitten im Leben stehst, ist das noch zu weit weg. Die Hemm- schwelle, sich mit dem Tod zu beschäftigen, ist zu groß. Wie präsent ist das Thema Organspende in Ihrer Familie und Ihrem Umfeld? Überzeugen Sie auch persön- lich Menschen, einen Organ- spendeausweis auszufüllen? In meinem engsten Familienkreis hat jeder einen Organspendeaus- weis. Wenn mich Menschen auf das Thema Organspende anspre- chen, versuche ich natürlich, sie so gut wie möglich zu informieren. ULRICH BAUCH 16 4 / 2019 ASB Magazin
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