ASB-Magazin Ausgabe Dezember 2020
Besonders brisant war die Situa- tion für kranke und ältere Men- schen: Das örtliche Krankenhaus ließ rund 40 Patienten aus der In- tensivstation evakuieren, in einer Einrichtung für Betreutes Wohnen drohten mit Strom betriebene Beatmungsgeräte auszufallen. In dieser Notsituation kamen auch die Samariterinnen und Samari- ter des ASB Berlin zum Einsatz. Sie halfen bei der Verlegung der Patienten und stellten kostenfreien Strom für die Bevölkerung bereit. An einem ASB-Einsatzleitwagen konnten Bürger ihre Handys und andere elektrische Geräte auf- laden. Eine junge Mutter brachte einen Wasserkocher vorbei, um Babymilch für ihr Kind zu er- wärmen. „Man spürte in diesem Ausnahmezustand, wie sich die Menschen näherkamen und gegenseitig halfen“, berichtet der damalige Einsatzleiter Felix Kliche. „Menschen, die normalerweise nicht aufeinandertreffen, kamen plötzlich ins Gespräch und soli- darisierten sich. Die gemeinsame Notlage erzeugte ein Gefühl von Zusammenhalt.“ Stromausfall: „Die Kettenreaktio- nen, die ein Stromausfall in Gang setzt, sind für die Bevölkerung weitreichender als etwa bei einem örtlich begrenzten Hochwasser“, gibt Mitschke zu bedenken. Ohne Elektrizität kann überle- benswichtige Infrastruktur aus- fallen, etwa das Leitungswasser in mehrstöckigen Häusern, da viele Wasserpumpen elektrisch betrie- ben werden. An Tankstellen gibt es keinen Treibstoff, da die Pumpen in den Zapfsäulen nicht mehr lau- fen. Die Kassen in Supermärkten funktionieren nicht mehr, genauso wie die Kühltruhen und Eingangs- türen. Dass dieses Szenario nicht aus der Luft gegriffen ist, erlebten die Einwohner von Berlin-Köpenick im Februar 2019. Mitten in der Hauptstadt wurde es schlagartig duster, 30.000 Haushalte und 2.000 Betriebe waren in dem Ber- liner Bezirk plötzlich ohne Strom. Ein durchbohrtes Kabel reichte aus, um das öffentliche Leben für 31 Stunden lahmzulegen. Wie gut ist Deutschland auf Krisen vorbereitet? Auch in Deutschland können während einer außergewöhn- lichen Krise oder bei Naturka- tastrophen die Kapazitäten der professionellen Hilfskräfte über- schritten werden. Dann müssen sich Bürgerinnen und Bürger für einige Zeit selbst helfen, um Aus- nahmesituationen wie Hochwas- ser, Hitzewellen, Starkregen oder Stürme zu überstehen. Die Auslö- ser für solche Notlagen, sogenann- te „extreme Wetterereignisse“, werden aufgrund des Klimawan- dels immer häufiger auftreten. Doch wie gut sind wir in Deutsch- land auf Krisen und Katastrophen vorbereitet? Wir haben nach- gefragt bei einem, der es wissen muss. Thomas Mitschke ist Leiter der Akademie für Krisenma- nagement, Notfallplanung und Zivilschutz beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastro- phenhilfe. Diese Bundesbehörde nimmt unterschiedliche Aufgaben im Bereich des Risiko- und Krisen- managements wahr und finanziert gemeinsam mit dem Bundesin- nenministerium das EHSH-Pro- gramm. „Für den Katastrophenschutz sind die einzelnen Bundesländer zu- ständig und insgesamt gut darauf vorbereitet. Bei länderübergrei- fenden Krisen wie etwa Hochwas- ser, Terroranschlägen oder einer Pandemie steigen die Herausfor- derungen erheblich, insbesondere was die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten angeht.“ Das größte Risiko birgt ein flächendeckender Stromausfall Doch nicht nur Naturkatastrophen bergen Risiken für die Bevölke- rung. Ein besonders kritisches Szenario ist ein flächendeckender Auch beim ASBiber kann Stromausfall zur Krise werden. 5 4 / 2020 ASB Magazin
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