und materielle Verluste erlitten. Die Behebung der materiellen Schäden steht bei den Betroffenen ganz weit vorne, denn die meisten Häuser oder Wohnungen sind noch lange nicht in dem Zustand, in dem sie vor der Flut waren. Darum können die Menschen nach wie vor nicht mit der Katastrophe abschließen. Ein großes Thema ist sicherlich auch der Ukraine-Krieg. Denn einige der Betroffenen relativieren ihre Probleme nach der traumatischen Fluterfahrung und nehmen an, es gehe ihnen vergleichsweise gut. Dabei geht es ihnen noch längst nicht gut. Das macht es nicht leichter. Zudem lösen extreme Wetterlagen wie der starke Regen, den wir in Euskirchen im Januar hatten, Ängste aus, dass sich die Katastrophe wiederholen könnte. Warum ist die sozialpsychia- trische Beratung so wichtig? Menschen, die traumatisiert sind, haben erhebliche Probleme in ihrer Alltagsbewältigung. Psychisch kranke und traumatisierte Menschen brauchen unsere Unterstützung in ihrem Alltag, sei es bei der Haushaltsführung oder bei der Bearbeitung von Anträgen für die verschiedenen sozialrechtlichen Leistungsträger. Ziel der Traumaberatung ist es, die Lebensverhältnisse der Betroffenen so weit wie möglich wiederherzustellen. Wie läuft die Beratung ab? Die Beratungen finden offen, zugewandt und niederschwellig statt – jeder und jede ist willkommen. Jeden Dienstag finden kostenlose Sprechstunden in unserem Beratungszentrum statt. Angedacht ist stets eine Beratung unter vier Augen. Wir arbeiten hier nach der pädagogischen Zugehensweise. Das bedeutet: Wir versuchen erst einmal den Bedarf zu ermitteln und Probleme zu identifizieren. Oftmals fängt es da schon bei den Betroffenen an, denn sie können ihre Probleme nicht artikulieren, fühlen sich aber niedergeschlagen. Mit dem Traumazentrum des ASB soll den Menschen eine langfristige Unterstützung ermöglicht werden. Für jene, die stark traumatisiert sind, bieten wir auch Hausbesuche an. Was kann ich als Freund:in oder Nachbar:in tun, um einer traumatisierten Person zu helfen? Traumatisierte haben eine große Verunsicherung erfahren, da ist vieles an Gewissheit und Sicherheit weggebrochen. Man hilft ihnen mit einer verlässlichen Präsenz. Mit dem Angebot ‚Ich bin für dich da und stehe zur Verfügung‘ wirkt dies am besten in einer wertschätzenden Ansprache. Außenstehende sollten auch berücksichtigen, dass ihr Angebot nicht immer angenommen werden kann. Das liegt in der Natur der Sache, denn manche traumatisierten Menschen ziehen sich zurück. An dieser Stelle kommen dann wieder die professionellen Hilfskräfte ins Spiel. Als Angehöriger, Freund oder Nachbar hilft es schon, der traumatisierten Person klar zu machen, dass man als verlässlicher Ansprechpartner für sie da ist. INTERVIEW: MAREN WINDFELDER Infos und Kontakt Die ASB-Traumaberatung in Euskirchen befindet sich in der Veybachstraße 31. Die sozialpsychiatrische Sprechstunde findet jeden Dienstag von 9 bis 13 Uhr statt. Mehr Infos erhalten Sie unter 02251/8 13 36-60 oder per E-Mail unter hochwasserhilfe@asb-erft.eu Ein Jahr nach der Flut – eine Bilanz: Der ASB hat für Hilfsgüter, Soforthilfen, Strompauschalen und für langfristig angelegte Hilfsprojekte insgesamt 21,4 Mio. Euro zur Unterstützung der Betroffenen bereitgestellt und somit ca. 50.000 Menschen direkt helfen können. Während sich zu Beginn die Projekte stark auf die Bereitstellung von Soforthilfemaßnahmen (zum Beispiel Verteilung von Hilfsgütern wie Bautrocknern, Soforthilfeauszahlungen, Mobilitätsservices) konzentrierten, konnten inzwischen auch Projekte der Wiederaufbau-Phase umgesetzt werden. Dazu gehörten die Errichtung sogenannter Tiny Houses in Dernau und Bad Neuenahr-Ahrweiler, die Behelfsunterbringung einer Kita in Bad Neuenahr oder mobile Beratungsangebote wie das Hebammenmobil. Auch spezielle therapeutische Angebote wie die Traumaberatung in Euskirchen werden gezielt gefördert und ausgebaut. Weiterhin werden Projektanträge gestellt und bearbeitet. Auch Hilfsmaßnahmen der ersten Stunde aus der Akutphase (Hilfsgüteranfragen, Soforthilfe-Auszahlungen) konnten noch nicht eingestellt werden. So hat der ASB aktuell den Betrieb einer Baustoffspenden-Ausgabe übernommen, da hier immer noch eine rege Nachfrage besteht. Zurzeit zeichnet sich neuer Bedarf an Unterstützungsleistungen ab, da teilweise erst jetzt die Trocknungsphasen abgeschlossen werden konnten, Traumatisierungen sich zeitverzögert zeigen oder neue Lebensentscheidungen (zum Beispiel der Umzug in ein Pflegeheim) getroffen werden müssen. 19 2 / 2022 ASB Magazin
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