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Jeder Tag ist anders

Die Teilnehmer sind jeden Tag im

Zentrum. Gleich nach der Schule

essen sie dort gemeinsam. Danach

müssen alle ihre Hausaufgaben erle-

digen. So lernen die Kinder, sich zu

strukturieren. Erst dann dürfen sie

spielen. Ein Kicker und ein Billard-

tisch warten drinnen, eine Riesen-

schaukel und ein Fußballplatz ste-

hen draußen parat, wenn die Kinder

endlich lostoben können.

Einige der Jungen ziehen sich mit

zwei Betreuern zurück. Für sie findet

jetzt die Jungsgruppe statt. In einem

abgedunkelten Raum sitzt die Grup-

pe um einen Tisch, ein Teelicht er-

hellt die Gesichter. Die Kinder wir-

ken völlig entspannt, einige legen

den Oberkörper auf den Tisch, wäh-

rend sie zuhören. Der Reihe nach er-

zählt jeder von seinen Hochs und

Tiefs der Woche. Es geht um den

anstehenden Urlaub, um die Spie-

le der Fußballmannschaft, das Dik-

tat im Deutschunterricht. Zwischen-

durch wird es lauter, einige Themen

verführen die Jungs dazu, herum-

zualbern oder sich mit ihren Ge-

schichten gegenseitig übertrumpfen

zu wollen. Dann greifen die beiden

Pädagogen ein, ermahnen oder len-

ken das Gespräch geschickt in eine

andere Richtung.

Jeden Tag gibt es andere Angebo-

te: Theatergruppen, Tanzen, Fuß-

ball, eine Mädchenband oder einen

Kreativraum. Neben dem Spaß geht

es auch darum, etwas zu lernen: Im

Theater üben die Kinder, ihre Gefüh-

le zu zeigen, beim Tanzen überwin-

den sie Scham und Schüchternheit.

Zweites Wohnzimmer für

Jugendliche

Um fünf Uhr gehen die Jüngeren

nach Hause. Eine Stunde später be-

ginnt der offene Jugendtreff für

Zwölf- bis 18-Jährige. Anders als im

Primar-Projekt gibt es hier keine

Anmeldung und keine Vorausset-

zungen. Wer Lust hat, kommt vor-

bei. Nach und nach trudeln etwa

15 Jugendliche ein, einige von ih-

nen kommen jeden Tag her. „Die

wichtigste Regel ist, dass alle hal-

lo und tschüs sagen“, erzählt Sönke

Schilling, der die Abendschicht lei-

tet. Und tatsächlich: Jeder, der an-

kommt, gibt den Betreuern kurz die

Hand. Die meisten lassen sich dann

an der langen Theke im offenen Be-

reich nieder und sind schnell in Be-

schwerden über den anstrengenden

Tag vertieft. „Das, was sie zu Hause

nicht loswerden wollen, können sie

bei uns aussprechen. Für viele ist das

hier das zweite Wohnzimmer. Sie

fühlen sich wohl – genau das wollen

wir erreichen“, so Schilling.

Auch für die Jugendlichen gibt es ver-

schiedene Angebote. Anthony (18)

und Abraham (19) verschwinden

schon bald im Keller, um im Tonstu-

dio Musik aufzunehmen. „Durch das

Jugendzentrum haben wir die Mög-

lichkeit, Songs zu produzieren, im In-

ternet zu verbreiten und so vielleicht

bekannt zu werden“, sagt Abraham,

der schon als Kind regelmäßig ins

Zentrum kam. Seit drei Jahren nimmt

er junge Künstler auf, die vom großen

Durchbruch träumen. Vor einigen

Monaten ist er dafür als Honorarkraft

angestellt worden. „Mit dem, was wir

machen, helfen wir auch dem JUST,

bekannter zu werden“, freut sich Ab-

raham. „Mein letzter Song hatte in-

zwischen über 20.000 Klicks.“

Sichtbare Entwicklungen

Finanziert wird das Zentrum

durch Zuwendungen vom Jugend-

amt und von der Stadt. Die vie-

len Erfolgsgeschichten der Kinder,

die auch Jahre später immer wie-

der gern ins JUST kommen, bestäti-

gen die gute Arbeit, die hier geleis-

tet wird. Mohr betont: „Es ist schön

zu sehen, wie sich die Kinder ent-

wickeln, weil wir die Möglichkeit

haben, etwas dazu beizutragen.“

.

Text: Verena Bongartz

Fotos: ASB/Hannibal

ASB MAGAZIN

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Für viele junge Musiker in Hamburg ist das JUST eine Anlaufstelle.

Hier können sie ihre eigene Musik aufnehmen und mischen.

Entspannungskurs.

Die vergangenen Monate haben die Jungsgruppe zusammenge-

schweißt. Sie vertrauen einander und den Betreuern ihren Alltag an.