

Wir treffen Helene Forster am Bahn-
hof in Ingelheim. Gerade hat sie ei-
nen syrischen Vater und seine drei
Kinder zum Zug gebracht. Auf der
Flucht vor dem Bombenhagel in
Aleppo war die Familie getrennt
worden. Während es den Vater nach
Dresden verschlug, wurden die Kin-
der in Ingelheim untergebracht.
„Zum Glück konnte die Familie
wieder zusammengebracht wer-
den, jetzt fahren sie gemeinsam
nach Dresden“, berichtet die jun-
ge Freiwillige. Geduldig erklärt sie
dem Familienvater, wie und wo er
umsteigen muss, markiert die ver-
schiedenen Bahnhöfe, Zeiten und
Gleise auf dem Reiseplan. „Flücht-
linge dürfen nur den Nahverkehr
benutzen. Daher muss die Familie
fünfmal umsteigen“, erklärt Hele-
ne Forster. Dank ihrer Erklärungen
und der Übersetzung eines Sprach-
mittlers sollte nun alles klappen.
Ähnliche Situationen erlebt die
20-Jährige täglich, denn hauptsäch-
lich ist sie im Fahrdienst eingesetzt.
Sie bringt Flüchtlinge zu Ämtern
oder zum Arzt, macht Fahrten zum
Bahnhof, wenn Menschen abgeholt
werden oder weiterreisen. Manch-
mal gibt es auch besondere Fahrten.
„Einer unserer syrischen Sprachmitt-
ler half bei der Anmeldung eines
Neugeborenen auf dem Standesamt.
Dort hat er mir erzählt, dass seine
Tochter auch Helene heißt und er sie
sehr vermisst“, erinnert sich die jun-
ge Frau. „Das war nur ein kurzer Mo-
ment, aber wir haben eine Gemein-
samkeit entdeckt und Freude und
Trauer geteilt. Solche Erlebnisse be-
rühren mich immer wieder.“
Einsatz für andere
Für den Bundesfreiwilligendienst hat
Helene Forster sich gleich nach dem
Abitur entschieden. „Ich wusste,
dass ich im sozialen Bereich arbeiten
möchte und wollte mich orientie-
ren, erste Erfahrungen sammeln und
etwas Neues kennenlernen“, erzählt
sie. Dass vor allem Letzteres schnel-
ler gehen sollte, als sie sich vorstel-
len konnte, hat sie dann aber doch
überrascht.
„Als ich anfing, hier zu arbeiten, war
alles total chaotisch.“ Helene Forster
lächelt, wenn sie an ihre ersten Tage
in der Erstaufnahmeeinrichtung für
Asylbewerber und Ausreisepflichti-
ge des Landes Rheinland-Pfalz in In-
gelheim denkt. „Die Einrichtung war
gerade erst eröffnet worden, und es
kamen täglich hunderte Flüchtlinge
an. Das Team von Mitarbeitern war
neu und vieles sehr improvisiert“, er-
innert sich die BFDlerin. „Auch wir
Freiwilligen mussten schnell Verant-
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PORTRÄT
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ASB MAGAZIN
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Viel Verantwortung und
Freude an der Arbeit
Als Bundesfreiwillige im Einsatz für Flüchtlinge
Eigentlich wollte sie ein Praktikum an einer Grundschule machen. Aber dann
dachte sich Helene Forster, dass sie lieber etwas völlig Neues kennenlernen
wollte, nämlich einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) in einer Flüchtlingsun
terkunft. Seit einem dreiviertel Jahr ist sie nun als BFDlerin im Einsatz für
Menschen in Not. Und freut sich, dass sie sich so entschieden hat.
Wer neu in Ingelheim ankommt, bekommt eine
Erstausstattung mit Hygieneartikeln und Kleidung.
Helene Forster hilft bei der Ausgabe.
In der Poststelle sind viele wichtige Dokumente zu
erklären. Wenn kein Übersetzer anwesend ist, erklärt
BFDlerin alles geduldig mit Gesten.