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INTERVIEW
ASB MAGAZIN
2/17
Was passiert eigentlich, wenn ein
Alarm losgeht?
Sobald wir alarmiert werden, ma-
chen wir uns auf den Weg. Als es da-
rum ging, Flüchtlinge unterzubrin-
gen, waren wir mit als Erste vor Ort.
Wir haben Betten aufgebaut, Tele-
fon, Fax und Internet eingerichtet
und in zwei Feldküchen parallel ge-
kocht. Die ganzen sozialen und me-
dizinischen Komponenten kamen
erst viel später, als auch hauptamtli-
ches Personal gefunden war und wir
die Einrichtung übergeben konnten.
Für uns eine Erleichterung, denn die
Flüchtlingshilfe erforderte Ausdau-
er, manchmal mehrere Wochen am
Stück.
Wie lässt sich das ehrenamtlich
stemmen?
Wir sind häufig an unsere Grenzen
gegangen mit Nachtdiensten, ha-
ben Überstunden oder Urlaub ge-
nommen. Der Arbeitgeber stellt ei-
nen für viele dieser Aufgaben lei-
der nicht frei. Deswegen war es bei
den späteren Flüchtlingsunterkünf-
ten schwierig, Helfer zu finden. Wer
einmal so einen Einsatz mitgemacht
hat, möchte das lieber nicht gleich
wieder tun.
Fehlen Ihnen die Freiwilligen?
Die Angst ist oft da, dass jemand
sagt: ‚Macht Ihr das mal, ich enga-
giere mich hier ehrenamtlich und
habe jetzt keine Lust mehr.’ Aber
wir merken immer wieder: Wenn’s
knallt, können wir uns aufeinander
verlassen. Trotzdem wäre es schön,
wenn die Last auf mehrere Schul-
tern verteilt wäre. Die Aufgaben wer-
den größer, aber die Menschen, die
mitmachen wollen, werden immer
weniger. Vielleicht muss auch die
Bevölkerung sensibilisiert werden:
Feuerwehr und THW kennen viele,
aber Betreuungsdienst? Was ist das?
Wer darf denn mitmachen?
Eigentlich jeder. Man muss gerne
in einem Team arbeiten, älter als 18
sein und anpacken können – Men-
schen, die mit den Händen in der
Hosentasche rumstehen, brauchen
wir nicht.
Warum helfen Sie?
Es macht Spaß, in der Gruppe zu
arbeiten. Wir sind ein gutes Team!
Und wir helfen Menschen dabei,
dass es ihnen besser geht, dass sie
sich wohlfühlen. Als ich angefan-
gen habe, gab es lange Zeit gar kei-
ne Katastrophen. Da habe ich auch
gedacht: Nur, um bei irgendwelchen
Veranstaltungen Suppe auszuteilen,
muss ich nicht um fünf Uhr aufste-
hen. Aber in den letzten Jahren sind
die Herausforderungen mehr ge-
worden, sei es durch Naturkatastro-
phen oder Terrorlagen. Wir waren
nach dem Anschlag auf dem Ber-
liner Weihnachtsmarkt sofort zur
Stelle und haben uns um die Polizis-
ten und Kollegen aus dem Rettungs-
dienst gekümmert. In solchen Mo-
menten weiß ich ganz genau, wofür
ich das alles mache.
.
Interview: Verena Bongartz
Foto: ASB/B. Bechtloff
Sie kennt die besten Kochrezepte,
um Magen und Seele zu beruhigen,
und über die bildreichen Aufbauan-
leitungen für „BILLY“-Regale kann
sie nur müde lächeln: Anke Polters-
dorf (35) ist eine patente junge Frau
und arbeitet seit mehr als zehn Jah-
ren freiwillig im Betreuungsdienst
beim ASB Berlin. Bei Katastrophen
baut sie Notunterkünfte auf und ver-
sorgt Betroffene und Hilfskräfte – ein
unersetzlicher Dienst in Zeiten, in de-
nen Menschen sich immer weniger
engagieren und binden wollen. Wir
fragten nach…
Für andere an die
eigenen Grenzen gehen
Anke Poltersdorf engagiert sich ehrenamtlich
im ASB-Katastrophenschutz
Standortanalyse
Bevölkerungsschutz
Vom 31. März bis zum 2. April
2017 versammelten sich rund 160
haupt- und ehrenamtliche Bevöl-
kerungsschützer des ASB in Brühl
bei Köln, um Lösungen für neue
Herausforderungen wie zuneh-
mende Unwetterkatastrophen und
latente Terrorgefahren zu finden.
Neben der Stärkung des Ehrenamts
soll auch die Ausbildung für Katas
trophenschützer neu ausgerichtet
werden. Der ASB hat sich zudem
zum Ziel gesetzt, die Bedeutung
des Engagements im Bevölke-
rungsschutz stärker in der Politik
zu verankern. Anke Poltersdorf
war eine der Teilnehmerinnen. Sie
entschied mit, wie ihr Ehrenamt in
der Zukunft aussehen soll.