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Tag für Tag fährt Regina Retzlaff viele

Kilometer, um ihre Klienten zu besu-

chen. Ihre Klienten, das sind Men-

schen aus der Region Westmecklen-

burg, die von Obdachlosigkeit be-

droht sind – etwa, weil sie die Miete

nicht zahlen können und nun eine

Zwangsräumung bevorsteht. Manch-

mal bleiben nur wenige Tage, in de-

nen Retzlaff mit den Menschen ge-

meinsam überlegt, wo Geld für die

fällige Mietzahlung besorgt werden

könnte, oder wo die Schuldner nun

unterkommen können. Die ASB-Mit-

arbeiterin fährt die weiten Strecken

auch, weil die Menschen oft nicht

einmal mehr das Geld für ein Bus­

ticket haben, um sie in ihrem Büro

aufzusuchen und um Hilfe zu bitten.

Tag für Tag fährt Jürgen Brix in die

Bahnhofstraße 91 in Hagenow, dort

wo der ASB im Auftrag der Stadt das

Heim für Wohnungsnotfallhilfe be-

treibt. Hier leben Menschen, die die

eigene Wohnung schon verloren ha-

ben und die der ASB davor bewahrt,

auf der Straße zu übernachten. Der

ASB-Mitarbeiter besucht das Heim

regelmäßig, weil viele der Bewohner

ohne seine tatkräftige Unterstützung

Probleme haben, sich in der Welt zu-

rechtzufinden. Sie verpassen die Fris-

ten für Anträge beim Jobcenter oder

schließen Briefe mit Zahlungserin-

nerungen lieber in die Schublade, als

sie zu öffnen.

Hilfe in letzter Minute

Regina Retzlaff und Jürgen Brix bil-

den zusammen das Team der Woh-

nungsnotfallhilfe beim ASB Hage-

now-Ludwigslust. Ihre Arbeit ist alles

andere als einfach, denn oft haben

Ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und ein Kind bekommen – das sollte

man im Leben geschafft haben, heißt es. Von der Realität der Menschen, die

der ASB in Hagenow betreut, ist diese Weisheit meilenweit entfernt. Sie besit-

zen keine Immobilien, sondern bangen um ihre Wohnung – oder haben diese

schon verloren. Der ASB steht ihnen zur Seite, damit sie ein Zuhause haben.

SOZIALE DIENSTE

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ASB MAGAZIN

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„Ich muss nicht unter

der Brücke schlafen“

Der ASB bewahrt Menschen vor der Obdachlosigkeit

sie mit Menschen zu tun, die gera-

de an einem Tiefpunkt ihres Lebens

angekommen sind. Mit der Verzweif-

lung geht oft Aggression einher.

Oder Lethargie. Oder Alkohol und

Drogen. Der Antrieb, sich nun end-

lich um die eigenen Angelegenhei-

ten zu kümmern, muss also fast im-

mer von außen kommen. „Für mich

ist jeder Mensch gleich“, sagt Regina

Retzlaff. „Und wir nehmen hier erst-

mal jeden an.“

„Jeden“, das bedeutet etwa 200 Fälle

im Jahr, die das Duo in Hagenow und

den umliegenden Gemeinden be-

ASB-Mitarbeiterin Regina Retzlaff besucht

Menschen, denen der Verlust ihrer Woh-

nung droht. Mit ihnen gemeinsam stellt

sie Anträge für Sozialhilfeleistungen und

erstellt Pläne, um die oft hohen Schulden-

berge Schritt für Schritt wieder abzubauen.