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ASB MAGAZIN

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Die meisten Menschen haben einen Sehnsuchtsort – einen Platz, an dem sie besondere Momente erlebt haben, mit

dem sie schöne Erinnerungen verbinden und an den sie immer wieder gerne zurückkehren. Für Rosie und Joachim

Triebe ist Rerik dieser Ort, ein ruhiges Dörfchen an der deutschen Ostseeküste. Mit dem Wünschewagen des ASB

kehren sie ein letztes Mal hierher zurück, um sich zu verabschieden.

Rosie Triebe ist schwer krank. Wie

lange sie noch leben wird, weiß nie-

mand. Dass die Zeit sehr begrenzt ist,

haben ihr aber die Ärzte bestätigt. Ein

Grund zum Verzweifeln? Nicht für

die 77-Jährige: „Das macht doch das

Leben aus, dass ich auch noch Erle-

benswertes habe, auch wenn es dem

Ende entgegengeht. Ich bin doch

nicht da, um mich hängen zu lassen

und zu warten, dass es endlich vorbei

ist“, erklärt die resolute Potsdamerin.

In einer Zeitschrift hatte Triebe vom

Angebot des ASB Brandenburg gele-

sen, schwerstkranke Menschen mit

einem speziell umgebauten Kran-

kenwagen, dem „Wünschewagen“,

an einen Ort ihrer Wahl zu begleiten.

Kurz entschlossen rief die Krebspati-

entin beim ASB-Landesverband an

und erzählte von ihrem Wunsch,

noch einmal das alte Urlaubsdomizil

Rerik an der Ostsee zu besuchen. We-

nige Tage später kam Marco Roscher

zu einem Gespräch vorbei. Als Koor-

dinator des Wünschewagens in Bran-

denburg ist er es, der die Fahrten or-

ganisiert, im Vorfeld mit den Betrof-

fenen spricht, ihre gesundheitliche

Situation und ihre Erwartungen ab-

klopft. „Das erste Telefonat mit Frau

Triebe war für uns sehr erstaunlich.

Wir hatten zuerst den Eindruck, da

ist jemand, der gar nicht sterbens-

krank ist, sondern in der Blüte des

Lebens steht“, erinnert sich der ASB-

Mitarbeiter. „Beim ersten Treffen

wurde doch schnell klar: Frau Trie-

be ist eine Frau, die schwer krank ist,

aber ihr Leben meistert und sich ein-

fach nicht unterkriegen lässt.“ Bald

darauf begann Marco Roscher mit

den Vorbereitungen für ihren letz-

ten, möglichst perfekten Ausflug.

Die Idee „Wünschewagen“

wächst

Das Projekt Wünschewagen hat der

ASB Ruhr ins Leben gerufen. Seit

2014 bietet der Regionalverband

aus Nordrhein-Westfalen bereits die

Wunschfahrten an. Alter, Geschlecht

und Herkunft der Fahrgäste spielen

keine Rolle. Die Idee hat sich im ge-

samten Verband rasant verbreitet.

In diesem Winter fahren bereits in

acht Bundesländern die umgebau-

ten Krankentransporter ihre Passa-

giere zu einem Ziel ihrer Wahl. Und

das Projekt wächst stetig weiter. Für

den Fahrgast und eine Begleitper-

son sind die Touren kostenlos. Rund

2.700 Euro kostet ein solcher Ausflug

nach Berechnungen des ASB Bran-

denburg. Finanziert werden die Fahr-

ten ausschließlich über Spenden.

Die Krankenwagen sind so umge-

baut, dass die Fahrt für die Gäste so

bequem wie möglich abläuft: spezi-

elle Stoßdämpfer, eine Musikanlage

und angenehme Beleuchtung ver-

schönern die Reise. Zugleich ver-

fügen alle Wünschewagen über die

GESELLSCHAFT

DIE LETZTE REISE

Der ASB-Wünschewagen erfüllt Sehnsüchte am Lebensende