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notwendige Ausstattung, damit das

ASB-Team im Notfall medizinische

Hilfe leisten kann. Freiwillige Helfer

mit medizinischen Kenntnissen be-

gleiten die Fahrten: Außerdem muss

immer ein Rettungssanitäter mit im

Wagen sitzen.

Freiwillige Helfer begleiten

die Fahrten

Eine freiwillige Helferin, die den

Wünschewagen mit voller Überzeu-

gung unterstützt, ist Stella Waider.

Seit einem Jahr arbeitet die 25-Jähri-

ge als Rettungsassistentin beim ASB

Berlin. Von ihrem Chef hat sie von

dem neuen Projekt erfahren, das der

ASB auch in der Hauptstadt seit die-

sem Jahr umsetzt. „Ich wollte nicht

mehr nur das Medizinische im Blick

haben, immer mehr Geräte, mehr

Untersuchungen, mehr Technik. Ich

wollte lieber wieder zurück zum Pa-

tienten. Ich möchte Gespräche füh-

ren und wieder den Menschen hin-

ter dem Notfall sehen, die Seele, die

dahintersteckt“, beschreibt sie ihre

Motivation für die Arbeit.

In einer Schulung lernte sie die tech-

nische Ausstattung kennen. Die Mit-

arbeiter erzählten aber auch von den

Schwierigkeiten, die bei den Touren

mit den schwer kranken Fahrgästen

auftreten können und sprachen über

die persönlichen Anforderungen an

die Begleitpersonen. „Man muss sen-

sibel sein“, sagt Stella Waider, „weil

die Menschen oft nur wenige Tage

oder Wochen vorher wissen, dass sie

sterben werden.“

Erinnerungen an die schöns-

ten Momente im Leben

Rosie Triebe aus Brandenburg ist auf

den Tod vorbereitet. „Ich bin zum

Sterben aus dem Krankenhaus ent-

lassen worden – richtig zum Ster-

ben entlassen. Aber das ist nicht zu

ändern. Und ich hatte wunderschö-

ne Jahre trotz der vielen Erkrankun-

gen. Deshalb habe ich nichts bereut.

Und bei der Familie ist alles in Ord-

nung. Das klingt poetisch, aber ich

habe einen inneren Frieden. Deswe-

gen kann ich die Fahrt jetzt in vollen

Zügen genießen“, sagt sie.

Schon während der Hinfahrt schwelgt

die Potsdamerin in Erinnerungen,

die sie mit dem Seeort Rerik verbin-

det. Sie liegt auf einer Krankentrage,

über sich hat sie eine warme Decke

ausgebreitet. „Das ist wie zu Hause

auf der Couch“, schwärmt sie. Wäh-

renddessen sitzt Joachim Triebe, ihr

Ehemann, daneben und schaut aus

dem Fenster. Die Glasscheiben sind

abgedunkelt, sodass keine Fremden

in das Wageninnere schauen kön-

nen. Die Insassen können aber sehr

wohl sehen, was um sie herum pas-

siert. Mit jedemMeter, den sie ihrem

Ziel näherrollen, wird der 81-Jähri-

ge aufgeregter. Immer wieder zeigt

er aus dem Fenster, gibt dem Fahrer

Richtungsanweisungen und erklärt,

welche Orte der Wagen als näch­

stes passieren wird. Für ihn ist die-

se Abschiedsfahrt mindestens genau-

so wichtig wie für seine kranke Part-

nerin. Rosie Triebe, die sonst selten

schweigt, beobachtet ihn eine Weile

still. „Du strahlst ja wie ein Honigku-

chenpferd“, bemerkt sie dann.

In einem separaten Auto fahren die

Kinder des Ehepaars mit ihren Le-

bensgefährten hinter dem Wün-

schewagen her. Sich von der Mutter

Stück für Stück zu verabschieden ist

schlimm. Die Trauer nimmt an die-

sem Tag trotzdem nur selten über-

hand. Für die Familie ist der Ausflug

ein ganz besonderes Erlebnis. So wird

selbst der Halt an der Autobahnrast-

stätte zum gemütlichen Frühstücks-

brunch, als Tochter Connie nach-

einander Kaffee, belegte Brötchen

und süße Leckereien auftischt. Jeder

Moment wird genutzt, jeder gemein-

same Augenblick ist wertvoll.

„Das mache ich von

Herzen gerne“

So hat es auch Stella Waider aus Ber-

lin bei ihren bisherigen Wunsch-

fahrten erlebt: „Bei meiner ersten

Fahrt war ich schon überwältigt,

ASB MAGAZIN

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Sorgfältig kümmert sich die ehrenamtliche

Helferin Jessica Fröhner darum, dass Rosie

Triebe bequem und sicher die Fahrt zum

Wunschort Rerik antreten kann.

Der Wünschewagen gibt Familien die Gelegenheit, noch einmal zusammen einen letzten,

unvergesslichen Ausflug zu erleben. Auch Familie Triebe kostet diesen Tag aus.