ging.“ Vor fünf Jahren suchte man
in der Einrichtung nach neuen We-
gen, damit die Beschäftigten, wie
hier die Besucher genannt werden,
zumindest stundenweise in der rea-
len Arbeitswelt mitwirken können
– ein Vorhaben ganz im Sinne der
UN-Behindertenrechtskonvention.
Sie ist 2009 in Deutschland in Kraft
getreten und verlangt, dass Men-
schen mit Behinderung am ersten
Arbeitsmarkt teilhaben. Viele Tages-
stätten erfüllten diese Anforderun-
gen nicht, kritisiert Heinz Becker.
„Denn solche Sondereinrichtungen
können Inklusion gar nicht umset-
zen, weil die Menschen mit Behin-
derung ja unter sich bleiben. Das
ist ein Widerspruch in sich”, so der
Diplom-Sozialpädagoge. Seine The-
se, dass eine inklusive Gesellschaft
nur mit inklusiver Arbeit geht, legt
Heinz Becker auch in seinem kürz-
lich erschienenen Buch „…inklusi-
ve Arbeit!“ anschaulich und fachlich
begründet dar.
Arbeitgeber gesucht
Die Behörden konnten Heinz Becker
und seinem Team bei ihrem Vorha-
ben nicht weiterhelfen. Denn Men-
schen, die kein „Mindestmaß an
wirtschaftlich verwertbarer Arbeit“
leisten, haben keinen Anspruch, am
Arbeitsleben teilzuhaben, und auch
keinen Anspruch darauf, für eine
solche Teilhabe Assistenz zu erhal-
ten. Sprich: Für die Umsetzung der
Idee gibt es auch nicht mehr Perso-
nal. Das Bremer Team des ASB ließ
sich von der Gesetzeslage nicht ab-
schrecken und machte sich selbst auf
die Suche nach potenziellen Arbeit-
gebern auf dem ersten Arbeitsmarkt.
„Bis heute halten wir die Augen nach
neuen Auftraggebern offen, für die
wir einfache Arbeiten unentgeltlich
erledigen dürfen“, berichtet Heinz
Becker. Ums Geldverdienen ginge es
dabei nicht. Ein Entgelt dürften sie
auch gar nicht annehmen, da die Be-
schäftigten ja offiziell nicht arbeits-
fähig sind.
Neben dem Fahrradladen hilft die
ASB-Tagesförderstätte heute noch in
zehn weiteren Betrieben, Organisa-
tionen und Institutionen aus. In ei-
ner Gärtnerei zum Beispiel säubern
die Beschäftigten täglich Töpfe, top-
fen um oder entsorgen den Verpa-
ckungsmüll, und in einem Indust-
riebetrieb schneiden sie zweimal in
der Woche Kabel auf eine bestimm-
te Länge und löten sie.
Eine andere Gruppe bringt regelmä-
ßig das Altpapier der Einrichtung
und das einer benachbarten Zahn-
arztpraxis zum Recyclinghof. Die Be-
sucher der Tagesförderstätte, aber
auch deren Mitarbeiter, erledigen
diese Aufgaben gerne. „So kommt
man mal aus der Bude“, meint Ru-
dolf Müller, während er einen Kar-
ton vom ASB-Transporter zur Recyc
linganlage trägt. Für Müller gehört
Arbeit zum Leben. Vor seiner Erkran-
kung, die zu einer starken Beein-
trächtigung führte, war er viele Jah-
re berufstätig. Auch Heilerzieherin
mit dem ASB. „Ich freue mich, dass
ich den Leuten aus der Tagesförder-
stätte eine Beschäftigungsmöglich-
keit geben kann. Und meine Mitar-
beiter sind froh, dass ihnen etwas Ar-
beit abgenommen wird.“
„In Sondereinrichtungen ist
Inklusion unmöglich“
Menschen mit schwersten Behinde-
rungen, die schon mit einer Tätig-
keit in einer Werkstatt für behinder-
te Menschen überfordert sind, an der
Arbeitswelt teilhaben lassen? „Wir
hatten Zweifel, dass das geht“, be-
richtet Heinz Becker, Leiter der Bre-
mer ASB-Tagesförderstätte, „aber es
ASB MAGAZIN
2/16
5
»
Für Simone Stein ist das Begrüßungsritual
mit den „Kollegen“ im Fahrradladen ein
wichtiger Bestandteil der Arbeit.
Heinz Becker leitet seit 25 Jahren die Tages-
förderstätte des ASB Bremen, die offen für
Innovationen und Veränderungen ist.