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der Jugendstilvilla eine Perspektive

und Rückhalt für eine gesunde Ent-

wicklung. Das ist nicht immer ein-

fach, denn viele der Jugendlichen in

der „Brücke“ haben keinen leichten

Start in ihr Leben gehabt. „Bei uns

kommen sie zur Ruhe“, erklärt Er-

zieherin Grit Dinkel. „Das Haus soll

wirklich wie eine Brücke sein: von ei-

nem Lebensabschnitt mit vielen Sor-

gen und Nöten zu einem Abschnitt,

in dem jeder seine Zukunft gestalten

kann.“

Einige der Jugendlichen haben

schon Pläne für die Zukunft, z. B. die

16-jährige Alma*: „Ich möchte eine

Ausbildung in der Altenpflege ma-

chen, dort habe ich schon ein Prakti-

kum absolviert“, erklärt sie entschie-

den und fügt hinzu: „Natürlich erst,

wenn ich meinen Schulabschluss

habe.“ Alma lebt seit 2013 in der

„Brücke“ und wird bis zur Volljäh-

rigkeit hier bleiben. Zu ihrer Mutter,

die sich aus gesundheitlichen Grün-

den nicht um Alma kümmern konn-

te, hat sie kaum noch Kontakt. Das

Leben imHeim ist für sie Normalität.

„Anfangs war es schon komisch“, er-

innert sie sich. „Aber jetzt ist es echt

okay hier.“ Sie lächelt und man kann

nur ahnen, wie schwierig es für sie

war, das Erlebte zu verarbeiten.

Gemeinschaft macht stark

Nebenan sitzen Marie und Kathari-

na auf dem honigfarbenen Parkett-

boden, vor sich eine Kiste mit Le-

gosteinen. Sie bauen ein Haus und

sind ganz vertieft bei der Sache. Auch

wenn sie oft laut und fröhlich durchs

Haus laufen – beim Schmusen mit

Hauskater „Snoopy“ merkt man ih-

nen an, dass sie selbst noch viel Zu-

wendung brauchen.

Manchmal spielt auch Abdul mit,

ein 13-jähriger Flüchtling aus Syri-

en, der ganz allein nach Deutsch-

land kam. „Weil er noch so jung ist,

lebt er hier bei uns und nicht in un-

serer Einrichtung für unbegleitete

minderjährige Flüchtlinge“, erklärt

Grit Dinkel. Durch den Kontakt zu

den Kindern hier hat er schon gut

Deutsch gelernt.

Robert hat inzwischen sein Com-

puterspiel beendet und schaltet

den Fernseher aus. „Ich gehe nach

oben“, ruft er noch und steigt die

knarrende Holztreppe in den ersten

Stock hoch. Der 15-Jährige bewohnt

ein typisches Jungen-Zimmer: Poster

von Rennfahrern, Sporttasche un-

term Bett und ein paar Shirts über

dem Stuhl.

Kurz darauf ziehen verführerische

Düfte durch den Wohnbereich – drei

der älteren Jugendlichen haben ge-

meinsammit Praktikant Jonas Kraut-

wurst Pizza für alle gemacht. Jetzt

finden sich Bewohner und Mitarbei-

ter am großen Esstisch ein. Es ist ein

buntes, oft lautes und immer sehr le-

bendiges Miteinander in dem schö-

nen alten Haus. Zwar ist auch das

beste Heim ist kein perfekter Ersatz

für eine intakte Familie. Doch hier

finden alle Kinder und Jugendlichen

die Sicherheit und Unterstützung,

die sie für ihr späteres Leben brau-

chen.

.

Text: Gisela Graw

Fotos: ASB/Barbara Bechtloff

ASB MAGAZIN

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Unterstützung gibt es auch bei den Hausaufgaben.

Gemeinsames Kochen gehört zum Alltag.

Kater Snoopy ist ein Wohlfühlfaktor im Haus.