Marie* (5) und Katharina* (7) rennen
laut kreischend und lachend durchs
Wohnzimmer. Der 15-jährige Robert*
ruft genervt dazwischen, weil er ge-
rade ein Computerspiel begonnen
hat – für viele Eltern oder Großel-
tern gehören solche Szenen zum All-
tag. Auch hier im Kinderheim „Die
Brücke“ ist das ganz normal, meint
Eva Kökow, Leiterin der Einrichtung:
„Die Kinder sollen hier leben wie in
einer Familie, wo es ja auch jüngere
oder ältere Geschwister gibt, mit de-
nen man auskommen muss. Wir wol-
len den Kindern so viel Normalität
wie möglich bieten.“
Zwölf Kinder und Jugendliche im
Alter zwischen fünf und 18 Jahren
leben in der Gründerzeit-Villa am
Waldesrand: manche nur einige Mo-
nate, andere einige Jahre. Die Gründe
dafür sind vielfältig: gesundheitliche
Krisen oder Trennung der Eltern, Ge-
walterfahrungen in der Familie und
Verhaltensauffälligkeiten. Eva Kökow
weiß, dass es für viele der Kinder sehr
schwer ist, von ihren Eltern getrennt
zu wohnen: „Das sind schließlich
ihre Wurzeln, das können wir ihnen
nicht ersetzen. Aber wir gestalten das
Leben hier sehr bewusst möglichst
familiennah.“
■
KINDER- UND JUGENDHILFE
*Namen von der Redaktion geändert.
8
ASB MAGAZIN
2/16
Lebendiger Alltag
Jeden Morgen um sechs Uhr werden
die Bewohner des Heims geweckt.
Den Kleineren helfen die Erziehe-
rinnen beim Waschen und Anzie-
hen; danach gibt es ein gemeinsa-
mes Frühstück. Nach und nach flie-
gen alle aus in die Schule oder den
Kindergarten – Zeit zum Planen, Ein-
kaufen und für die Vorbereitung des
Mittagessens, bevor die ersten hung-
rig wieder aus der Schule kommen.
Doch wie in einer Familie gibt es
auch hier keinen Rundum-Service:
„Die Kinder müssen auch lernen,
wie ein Haushalt zu bewältigen ist“,
erklärt Eva Kökow. „Sie räumen ihre
Zimmer selbst auf, es gibt hausinter-
nen Kochunterricht und regelmäßig
werden die Fenster geputzt.“
An den Wochenenden stehen oft
Ausflüge auf dem Programm, z. B.
ins Sonneberger Spielzeugmuseum.
Wenn die Älteren sich dann lieber
mit ihren gleichaltrigen Freunden
treffen möchten, ist das kein Prob-
lem. „Die wollen nicht immer mit
den Kleinen losziehen“, lacht Eva
Kökow. „Wir möchten nur wissen,
mit wem die Jugendlichen zusam-
men sind und wo sie hingehen.“ Die
Älteren übernehmen im Heim auch
mehr Verantwortung. In der „Ver-
selbstständigungsgruppe“ leben sie
für sich unter dem Dach der Villa. Es
gibt Haushaltsgeld und damit müs-
sen sie auskommen. Die Jugendli-
chen versorgen sich selbst und ent-
scheiden eigenständig, wofür sie in
ihrer Freizeit Geld ausgeben.
Eine echte Perspektive
In der „Brücke“ haben die Kinder ei-
nen geregelten Tagesablauf. Sie wer-
den gefördert und unterstützt, weil
die eigenen Eltern das nicht kön-
nen, oft bis sie volljährig sind. Die-
se Struktur und die Begleitung durch
die pädagogischen Fachkräfte im
Heim geben den jungen Bewohnern
„Die Jugend ist die Zukunft“ – das weiß auch der ASB im thüringischen
Sonneberg. Darum engagieren sich dort Erzieher und Pädagogen mit viel-
fältigen Angeboten für junge Menschen. Hier stellen wir das Kinder- und
Jugendheim „Die Brücke“ vor, wo junge Menschen nach einer oft leid-
vollen Vergangenheit den Weg zu einer besseren Zukunft finden können.
„Die Brücke” beim ASB Sonneberg
BEGLEITEN
INS LEBEN