

Das Bundesteilhabegesetz:
halbherzig genutzte Chance
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) zählt zu den grund-
legendsten Änderungen im Bereich der Behindertenhilfe
seit Jahrzehnten. Ziel war es, aus dem alten Fürsorge-
recht ein modernes Teilhaberecht zu formen.
Die Leistungen für Menschen mit Behinderung waren
bisher Teil der Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII
und werden künftig zu Teilhabeleistungen nach dem
neuen Leistungsgesetz des SGB IX. Die Folge ist, dass
die sozialhilferechtlichen Regelungen zur Anrechnung
von Einkommen und Vermögen zumindest grundsätzlich
keine Anwendung mehr finden. Außerdem wird die Ge-
währung der Leistung personenzentrierter – die starren
Kategorien der ambulanten, teilstationären und stationä-
ren Leistungen werden aufgehoben. In der Folge wird die
bisherige strikte Trennung der Finanzierungssysteme für
stationäre Einrichtungen und für ambulante Wohnange-
bote aufgelöst – auch die Wohnheime verhandeln künftig
keine Gesamtvergütung mit den Sozialhilfeträgern mehr,
sondern erhalten wie die ambulanten Wohnangebote von
den Menschen mit Behinderung einerseits das Entgelt für
die Teilhabeleistungen und andererseits das Entgelt für
Unterkunft und Verpflegung. Damit wird ein Schritt in
die richtige Richtung gegangen, ohne jedoch die damit
verbundenen Chancen konsequent zu nutzen.
Der ASB hat sich intensiv mit dem ersten Gesetzent-
wurf befasst: Die Ergebnisse eines vom ASB beauftrag-
ten Gutachtens belegten die Sicht des Bundesverbandes,
dass es deutlichen Verbesserungsbedarf gab, um die bis-
herige Rechtsposition der Betroffenen zu wahren und zu-
TEILHABE FÜR MENSCHEN MIT GEISTIGEN, KÖRPERLICHEN
UND PSYCHISCHEN BEEINTRÄCHTIGUNGEN
2016 war es ein Ziel des ASB-Bundesverbandes, seine Expertise in das Gesetzgebungsverfahren
des Bundesteilhabegesetzes so einzubringen, dass die Interessen von Menschen mit geistigen,
körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen Berücksichtigung finden. Mit Erfolg:
Gemeinsam mit anderen Verbänden haben wir die Gleichrangigkeit von Pflegeleistungen und
Teilhabeleistungen erreicht.
Foto: ASB/Hannibal
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ASB-Jahrbuch 2016