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ASB MAGAZIN

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AUSLANDSHILFE

„Als der ASB mich gefragt hat, ob ich

bereit wäre, Pflegetrainings im Iran zu

geben, habe ich sofort gesagt: Ja, das

mache ich! Durch ähnliche Schulun-

gen in der Ukraine war mir die Aufga-

be nicht neu und da ich ein sehr offe-

ner Mensch bin, war ich gespannt auf

den Iran: ein beeindruckendes Land,

in dem ich sehr freundlich und herz-

lich aufgenommen wurde.

Sozialsysteme sind nicht

vergleichbar

Unter den Teilnehmern waren Pfle-

gekräfte, Ärzte, Heilpraktiker, Kran-

kenschwestern und Physiotherapeu-

ten. Ich war überrascht, wie sehr sich

die iranischen Kollegen für das deut-

sche Gesundheitssystem und dessen

Finanzierung interessiert haben. Ich

habe mit dem Vorurteil aufgeräumt,

dass in Deutschland grundsätzlich

für alle gesorgt wird, und habe unser

Sozialversicherungssystem erklärt.

Für meine Zuhörer war das sehr auf-

schlussreich. Eine vergleichbare sozi-

ale Absicherung gibt es im Iran nicht.

Stattdessen ist es üblich, dass wohlha-

bende Menschen regelmäßig an Pfle-

geeinrichtungen spenden. Wer von

ihnen pflegebedürftig wird, inves-

tiert in der Regel einen Großteil sei-

nes Vermögens in das Pflegeheim. So

wird auch die Versorgung für weniger

betuchte Menschen mit abgedeckt.

Das Wichtigste in der Pflege

ist die Wertschätzung

In den praktischen Einheiten ging es

unter anderem darum, Alternativen

zur Schulmedizin ergänzend ein-

zusetzen – vor allem in der palliati-

ven Pflege. Wir haben zum Beispiel

gemeinsam Kohlwickel und Quark-

wickel hergestellt und angelegt. An

schmerzenden Stellen können die

Wunder wirken, und man kann auf

Chemiekeulen verzichten.

Der ASB hat vor wenigen Monaten eine Partnerschaft mit der iranischen

Wohlfahrtsorganisation Behzisti aufgebaut. Das Ziel: die Pflegestrukturen

im Iran auszubauen, um die Menschen besser zu versorgen. Steffi Reiche

(44), Einrichtungsleiterin eines Pflegeheims und seit Jahren ehrenamtlich im

ASB engagiert, reiste im Mai 2017 in das Land, um ihren Kolleginnen aktuelle

Pflegetechniken zu vermitteln. Hier kommt ihr eindrucksvoller Bericht:

ASB schult iranische

Pflegekräfte

Trainerin Steffi Reiche berichtet über ihre Eindrücke

und Erfahrungen

Wenn ich Kollegen weiterbilde, ge-

hört es für mich dazu, Respekt und

Wertschätzung im täglichen Um-

gang mit den Erkrankten zu vermit-

teln – dass man einem Patienten

zum Beispiel nicht stehend das Essen

reicht, sondern sich dafür hinsetzt.

Solche Punkte wurden in der Ausbil-

dung der Iraner bisher nicht thema-

tisiert – umso mehr hat es mich ge-

freut zu sehen, dass der Respekt für

den Patienten auch für sie ein wich-

tiges Thema ist.

Es gab auch einige Diskussionspunk-

te – zum Beispiel zu der Frage, wie

ehrlich man mit sterbenden Men-

schen in Bezug auf ihre Lebenser-

wartung umgehen muss. In Punk-

ten, bei denen der Glaube eine große

Rolle spielt, sind wir manchmal zu

unterschiedlichen Ansichten gekom-

men. Einig waren wir uns aber im

fürsorglichen Umgang mit den uns

anvertrauten Menschen. Diese Er-

kenntnis war auch für mich eine au-

ßergewöhnliche Erfahrung.“

.

Text: V. Bongartz/S. Reiche

Fotos: ASB/S. Steingraeber

Beim Training gab Steffi Reiche den Teilneh-

merinnen praktische und leicht umsetzbare

Tipps zum Umgang mit den Patienten.