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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
ge heraus um Hilfe gebeten: Diesmal
ist es eine Schnittverletzung, die ver-
arztet werden muss. Yvonne und ihr
Kollege setzen die Frau an den Stra-
ßenrand und versorgen sie mit ei-
nem Verband. Yvonne beobachtet
die Verletzte genau und spricht mit
ihr, bevor die beiden ihr aufhelfen,
sie sich bedankt und weiterzieht.
„Ich spreche mit den Patienten, da-
mit sie Vertrauen haben und wissen,
was geschieht. Außerdem kann ich
dann besser einschätzen, ob die Per-
son kreislaufstabil ist oder ob ich auf
eine Ohnmacht gefasst sein muss.“
Es wird ernst
Ab 18:00 Uhr macht sich der doppel-
te Charakter der Veranstaltung deut-
lich bemerkbar: Denn neben einer
Demonstration ist dies auch eine Mu-
sikveranstaltung vornehmlich junger
Leute. Daher sind unter den Feiern-
den auch einige, die der guten Laune
mit Alkohol und anderen Rauschmit-
teln nachgeholfen haben. „Hilflose
Person vorgefunden“ oder „Patient
mit Mischintoxikation“ dominieren
ab jetzt die Funksprüche zwischen
Zentrale und Einsatzkräften. Dane-
ben werden die vielen Glasflaschen,
die die Teilnehmer am Straßenrand
geleert und abgestellt haben, zum
Problem. Denn bei zunehmender
Dunkelheit häufen sich gravierende-
re Schnittverletzungen, die versorgt
werden müssen. Dazu kommt jetzt
auch noch Nieselregen, der die Sicht-
verhältnisse zusätzlich verschlech-
tert. Die Einsatzkräfte vor Ort ste-
hen nun unter zunehmender Belas-
tung. Teilweise haben sie acht bis
neun Einsatzstellen gleichzeitig, das
ist enorm. Die Rettungswagen sind
im Dauereinsatz. Viele der Patienten
müssen nach einer Erstversorgung in
ein nahe gelegenes Krankenhaus ge-
bracht werden, wo sie über Nacht un-
ter Beobachtung bleiben. Zweimal
müssen die Einsatzkräfte ihre Wa-
gen komplett desinfizieren, weil die
Schnittwunden stark geblutet haben
und eine Reinigung wegen der Hygi-
enestandards vorgeschrieben ist.
Außerdem empfiehlt es sich immer,
Wechselkleidung parat zu haben,
wie Saskia an diesem Abend leid-
voll erfährt: Einem ihrer Patienten
ist schlecht geworden und er hat sich
auf Saskias Arm erbrochen. „Das ist
leider Berufsrisiko“, stellt sie beim
Umziehen fest.
Ruhe nach dem Sturm
Als die Freiwilligen um 00:00 Uhr
endlich in der Flottenstraße zur Ein-
satznachbesprechung
zusammen-
sitzen, breitet sich erst einmal Er-
schöpfung aus. In der letzten Stunde
haben sie noch ihre Einsatzfahrzeu-
ge gesäubert und desinfiziert sowie
sich selbst ein bisschen frisch ge-
macht. „Ihr habt heute einen Me-
gajob gemacht, Leute“, leitet Boris
Michalowski die Nachbesprechung
ein. „129 Hilfeleistungen und 14 Pa-
tiententransporte sprechen für sich.
Danke, dass ihr alle so lange durch-
gehalten habt.“ Danach kann jeder
kurz Lob und Kritik am Einsatz zum
Ausdruck bringen – so lassen sich am
besten Ideen und Lehren für nächs-
te Einsätze ziehen. Und dann ist es
höchste Zeit für den heißen Snack,
bei dem die Freiwilligen noch eine
Weile zusammensitzen, um den Ein-
satz Revue passieren zu lassen. So
klingt die Nacht dann ohne Musik,
mit ein bisschen Ohrensausen und
einem zufriedenen Lächeln auf den
Gesichtern aus.
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Text: Susanne Wagner
Fotos: ASB/S. Loos
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ASB MAGAZIN
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Leichtere Verletzungen versorgen die Fahr-
radsanitäter am Straßenrand.
Als mobile Versorgungsstation fungiert der Krankentransportwagen am Ende des Zuges.